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Jamaica Kincaid
Mein Bruder

»Jamaica Kincaids Sprache, die den Nuancen der Gefühle entspricht undsie dennoch schonungslos und oft radikal preisgibt, ist hoch poetisch.«

Ruth Klüger

»Jamaica Kincaid traut sich, Gefühle in Worte zu fassen, die andere nicht einmal zu empfinden wagen.«

Catarina von Wedemeyer, taz

Jamaica Kincaid
Mein Bruder

Originaltitel: My Brother
Aus dem Englischen von Sabine Herting
Mit einem Vorwort von Jackie Thomae
Covermotiv von Cassi Namoda
Covergestaltung von Naomi Baldauf
240 Seiten • Gebunden
Format 12,5 x 20,5 cm
€ (D) 22,00 • sFr 30,00 • € (A) 22,60
ISBN 978-3-311-35000-2 • Auch als E-Book
WG 1 112 • 14. Oktober 2021

»Es tut mir leid.« Das sind die Worte, die Jamaica Kincaid wieder und wieder hört, nachdem ihr jüngerer Bruder Devon 1996 an Aids gestorben ist. Sie erzählt von seinem Tod, nur um diese Worte zu hören. Dabei kannte sie ihn kaum. Erst drei Jahre alt war Devon, als Kincaid ihre Heimat Antigua verließ, um sich in den USA ein neues Leben aufzubauen. Zwanzig Jahre ist das her. Als sie erfährt, dass ihr Bruder schwer krank ist, reist sie zurück, zu ihm, nach Antigua, in die eigene Vergangenheit, in ein Leben voller Hoffnungslosigkeit und Armut – und stellt sich ihren Dämonen, den Verstrickungen ihrer Familie, der zerstörerischen Beziehung zu ihrer Mutter, für die Kincaid all die Jahre nur Abneigung empfinden konnte. Voller Zorn ist sie zwanzig Jahre zuvor auf und davon, wollte alles hinter sich lassen. Aber kann man das je? Nun findet sie allmählich ihren Frieden, kann Gegenwart und Vergangenheit miteinander aussöhnen.»Eines Tages geschieht vielleicht etwas, und dann werde ich verstehen, dass alles, was ich heute fühle, was keine Liebe zu sein scheint, in Wahrheit doch Liebe ist; dass ich meinen Bruder geliebt habe und die anderen, von denen ich abstamme.«Poetisch, ergreifend und mit großer Klarheit und eindrucksvoller Aufrichtigkeit erzählt Kincaid von Verlust und Abschied, von Hass und Liebe, Nähe und Distanz und den Illusionen, die unser aller Leben prägen. Aus der Verzweiflung wird Zuversicht, aus der Abrechnung die bewegende Geschichte einer Befreiung, einer Selbstfindung.

JAMAICA KINCAIDs ambivalente Beziehung zu ihrer Heimat, der karibischen Insel Antigua, wo sie 1949 als Elaine Potter Richardson geboren wurde, spricht aus all ihren Texten. Mit 17 ging sie, da ihre Mutter zum zweiten Mal geheiratet hatte und drei Halbbrüder zu ernähren waren, als Au-pair nach New York, wo sie bald zur Schriftstellerin wurde, zu Jamaica Kincaid. Im New Yorker erschien 1978 ihre erste Erzählung Girl, die aus nur einem einzigen Satz besteht und Kincaid schlagartig berühmt machte. Viele ihrer preisgekrönten Erzählungen und Romane handeln von Kincaids besonderer Rolle als Tochter, als Frau, als Schwarze, als Angehörige einer ehemaligen Kolonie am Rande der Welt. Neben den gewichtigen Themen haben Kincaid ihre eigenwillige Sprache und ihr stark autobiographischer Ansatz berühmt gemacht, den sie entwickelte, lange bevor Memoirs in Mode kamen. Jamaica Kincaid hat zwei Kinder und eine Enkeltochter und ist 1993 zum Judentum konvertiert. Sie lehrt African and African American Studies in Harvard und lebt in Vermont, wo sie, wenn sie gerade nicht schreibt, ihrer zweiten Leidenschaft nachgeht: der Gartenarbeit.

© Emil Wesolowski

SABINE HERTING, in Essen geboren, studierte französische Sprache und Literatur in Lausanne und anschließend Romanistik und Germanistik in Bonn. Sie war für die Villa Waldberta in Feldafing und die Literaturzeitschriften Sirene und Neue Sirene tätig. Herting übersetzte u.a. Werke von Kazuo Ishiguro und Salman Rushdie.

JACKIE THOMAE, geboren 1972 in Halle, aufgewachsen in Leipzig und Berlin, arbeitet als Journalistin und Fernsehautorin. 2015 erschien ihr Debütroman Momente der Klarheit. Mit ihrem zweiten Roman, Brüder, stand sie auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2019 und wurde mit dem Düsseldorfer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet. Sie lebt in Berlin. 

CASSI NAMODA, geboren 1988 in Maputo, Mosambik, ist Malerin und Performance-Künstlerin. In ihren Arbeiten erkundet sie die Unwägbarkeiten sozialer Dynamiken, die mit gemischter kultureller und ethnischer Identität einhergehen. Sie fängt Momente des Lebens in Mosambik ein, von alltäglichen Begebenheiten bis zu existenziellen Ereignissen, und zeichnet so ein vielschichtiges Bild ihrer Heimat. Geschickt hält Namoda Szenen fest, die wirken wie filmische Stillleben: flüchtige Schnappschüsse in einem viel größeren Narrativ. Ihre Modelle fixieren oft die Augen des Betrachters und durchbrechen so die vierte Wand. Sie verwebt ihre eigenen Erinnerungen und Vorstellungen mit den Arbeiten anderer Künstler und reflektiert so die kulturelle Spezifität von Mosambik in einer zunehmend globalisierten Welt. Namoda hatte namhafte Einzelausstellungen. 2021 wurde sie vom Elephant Magazine als eine der »Rising Art Stars 2020« ausgezeichnet und gestaltete das Cover der Januarausgabe der italienischen Vogue. Cassi Namoda wohnt in New York. Sie mag Winterstrände, Lavendeltee und füttert gerne Wildvögel.